X-Chromosom – Aufbau und Funktion (2024)

Von, Ärztin

Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Das X-Chromosom ist eines von zwei Geschlechtschromosomen (das andere ist das Y-Chromosom). Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer dagegen ein X- und ein Y-Chromosom. Lesen Sie hier alles Wichtige über das X-Chromosom!

Was ist das X-Chromosom?

Das X-Chromosom ist eines der beiden Geschlechtschromosomen (Gonosomen). Die Frau besitzt zwei X-Chromosomen (XX), der Mann je ein X- und ein Y-Chromosom (XY).

Das X-Chromosom ist größer als das Y-Chromosom. So wie alle Chromosomen besteht es aus Desoxyribonukleinsäure (DNS, engl. Abkürzung: DNA) und speziellen Proteinen. Die DNA ist der Träger der Erbinformationen (in Form von Genen). Auf dem X-Chromosom sitzen etwa 2000 Gene.

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Welche Funktion hat das X-Chromosom?

Die Geschlechtschromosomen (X- und Y-Chromosomen) legen das genetische Geschlecht eines Menschen fest. Um das zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen:

Die Zellkerne fast aller Zellen im Körper weisen einen doppelten (diploiden) Chromosomensatz auf: 46 Chromosomen, bestehend aus 22 Autosomen-Paaren und zwei Geschlechtschromo-somen. Das Kürzel für den weiblichen Chromosomensatz lautet deshalb 46XX und für den männlichen Chromosomensatz 46XY.

Ei- und Samenzellen

Nur die Keimzellen – also die Eizellen der Frau und die Samenzellen (Spermien) des Mannes – haben einen einfachen (haploiden) Chromosomensatz: Die Vorläuferzellen von Ei- und Samenzellen sind noch diploid. Sie durchlaufen dann die sogenannte Reduktionsteilung (Meiose), in deren Verlauf der doppelte Chromosomensatz halbiert wird. Aus der Meiose gehen also haploide Tochterzellen hervor – die reifen Keimzellen. Sie besitzen jeweils 22 Autosomen und ein Geschlechtschromosom (Gonosom).

Da Frauen als Geschlechts-Chromosomen nur X-Chromosomen besitzen, enthält auch jede ihrer Eizellen nur ein X-Chromosom. Anders bei Männern, die als Gonosomen ein X- und ein Y-Chromosom aufweisen: Die Samenzellen tragen entweder ein X-Chromosom oder ein Y-Chromosom in sich – je nachdem, welches der beiden Gonosomen sie von ihren Vorläuferzellen bei der Meiose erhalten haben.

Befruchtung

Bei der Befruchtung verschmilzt eine Eizelle mit einer Samenzelle (Spermium). In Bezug auf die Geschlechtschromosomen bedeutet das: Das Geschlechtschromosom aus der Eizelle (ein X-Chromosom) und jenes aus der Samenzelle (entweder X- oder Y-Chromosom) vereinigen sich in einer gemeinsamen Zelle, aus der sich dann der Embryo entwickelt.

Sohn oder Tochter?

Das genetische Geschlecht des Kindes wird also von der Samenzelle (und damit vom Vater) festgelegt:

  • Wenn ein Spermium mit einem X-Chromosom die Eizelle (mit X-Chromosom) be-fruchtet, trägt der entstehende Embryo je zwei X-Chromosomen in seinen Zellen – es wird ein Mädchen.
  • Verschmilzt ein Spermium mit Y-Chromosom mit der Eizelle, weisen die Zellen des entstehenden Embryos jeweils ein X- und ein Y-Chromosom auf – es entwickelt sich ein Junge.

Geschlechtsgebundene Gene

Alle Gene, die auf den Geschlechtschromosomen lokalisiert sind, werden als geschlechtsgebundene Gene bezeichnet. Sie enthalten entgegen der Vermutung aber nicht nur die Erbinformation für Geschlechtsmerkmale (Ausbildung der Eierstöcke, männliche Brustbehaarung etc.). Auf dem X-Chromosom (ebenso wie auf dem Y-Chromosom) sitzen auch Gene, die für Merkmale codieren, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben, zum Beispiel die Baupläne für die Blutgerinnungsfaktoren.

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Wo befindet sich das X-Chromosom?

Es befindet sich in allen Zellkernen von weiblichen und männlichen Körperzellen.

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Welche Probleme kann das X-Chromosom verursachen?

Manchmal finden sich auf dem X-Chromosom auch Erbinformationen, die – wenn sie fehlerhaft sind – zu einer gesundheitlichen Störung oder Erbkrankheit führen. Bei Beinspiel für eine solche geschlechtsgebundene Erbkrankheit ist die duch*ennesche Muskeldystrophie. Bei dieser Krankheit fehlt auf dem X-Chromosom das Gen, das ein Muskelprotein codiert. Als Folge entwickeln die Patienten Muskelschwäche und Koordinationsstörungen.

Die Bluterkrankheit (Hämophilie) wird ebenfalls x-chromosomal vererbt. Das Gen, das für einen bestimmten Gerinnungsfaktor codiert, ist defekt. Der Körper kann deshalb nicht genügend funktionstüchtige Exemplare dieses Gerinnungsfaktors herstellen. Die Folge ist eine erhöhte Blutungsneigung und eine verlängerte Blutungszeit (etwa bei Verletzungen).

Allerdings wird nicht jeder Mensch, der das „Bluterkrankheits-Gen“ in sich trägt, auch daran erkranken. Die Erbkrankheit wird nämlich rezessiv vererbt: Bei Frauen tritt die Erkrankung also nur dann auf, wenn beide ihrer X-Chromosomen das Bluterkrankheits-Gen besitzen (was sehr selten passiert). Häufiger findet sich das Bluterkrankheits-Gen nur auf einem X-Chromosom, während das zweite X-Chromosom ein gesundes Gen hat. Die betreffende Frau hat dann die Bluterkrankheit nicht. Sie kann die Veranlagung dafür (über das defekte X-Chromosom) an ihr Kind weitergeben. Handelt es sich dabei um einen Sohn, erkrankt dieser auf jeden Fall an der Bluterkrankheit (er besitzt ja kein zweites und eventuell gesundes X-Chromosom, das den Defekt ausgleichen könnte).

Die Farbenblindheit (Rot-Grün-Sehschwäche) ist ebenfalls eine x-chromosomal rezessiv vererbte Störung.

Eine andere genetisch bedingte Erkrankung im Zusammenhang mit dem X-Chromosom ist das Klinefelter-Syndrom, das nur bei Männern auftreten kann. Die Betroffenen haben ein zusätzliches X-Chromosom. Sie besitzen also in ihren Zellen insgesamt drei Geschlechts-Chromosomen (47XXY). Als Folgen sind die Hoden unterentwickelt, die männlichen Brüste oft vergrößert (Gynäkomastie) und die betroffenen Männer unfruchtbar.

Auch Frauen können ein zusätzliches (drittes) X-Chromosom aufweisen (47XXX). Der Chromosomen-Überschuss hat hier aber keine gesundheitlichen Auswirkungen.

Es hat aber schwerwiegende Folgen, wenn eines der beiden X-Chromosomen von Frauen fehlt oder strukturell defekt und somit nicht funktionstüchtig ist (45X0): Dann liegt das Ullrich-Turner-Syndrom (Monosomie X) vor. Typische Anzeichen sind etwa Kleinwuchs, verkürzte Mittelhandknochen, ein tiefer Haaransatz und Fehlbildungen innerer Organe. Auch eine Unterfunktion der Eierstöcke und Unfruchtbarkeit können auf das fehlende X-Chromosom zurückzuführen sein.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

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X-Chromosom – Aufbau und Funktion (1)

Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Quellen:

  • Campbell, N.A. & Reece, J. B.: Biologie. Spektrum Akademischer Verlag. 6. Auflage, 2002
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen: Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Georg Thieme Verlag. 6. Auflage, 2015
  • Kainer, F. & Norden, A.: Das große Buch zur Schwangerschaft. Gräfe und Unzer Verlag. 8. Auflage, 2014
  • Kainer, F. & Norden, A.: Das große Buch zur Schwangerschaft. Gräfe und Unzer Verlag. 8. Auflage, 2014
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. Walter De Gruyter Verlag. 262. Auflage, 2002
  • Waldeyer, A.: Anatomie des Menschen. Walter de Gruyter Verlag. 17. Auflage, 2002
X-Chromosom – Aufbau und Funktion (2024)

FAQs

Is XY chromosome boy or girl? ›

In most cases, the female is XX and the male is XY. Every individual must have at least one X chromosome. Since the female is XX, each of her eggs has a single X chromosome. The male, being XY, can generate two types of sperm: half bear the X chromosome, half the Y.

How to get X chromosome sperm? ›

Through the first meiotic cell division, the primary spermatocyte yields two secondary spermatocytes, which then enter the second meiotic division and divides into four round spermatids that contain either the X or Y chromosomes (Leblond and Clermont, 1952).

Do some men have more X chromosome sperm? ›

Men with the first combination, known as mm, produce more Y sperm and have more sons. The second, known as mf, produce a roughly equal number of X and Y sperm and have an approximately equal number of sons and daughters. The third, known as ff produce more X sperm and have more daughters.

Are sperm male or female? ›

What Are the Parts of the Male Reproductive System? The male reproductive system has parts inside and outside the pelvis. testicl*s (testes). These are two oval-shaped organs that make male sex cells called sperm after puberty.

Is gender really 50/50? ›

No, you can't influence the sex of your baby. Most studies show that males produce and release sperm fairly evenly, as in a 1:1 ratio of X chromosomes and Y chromosomes. This means that the chances of having a girl vs. a boy will be about 50:50.

Is it harder to have a boy or girl? ›

Whilst most couples are happy with either a boy or a girl baby, as long as it is healthy and strong, some are keen to try to sway the odds of having a boy, if they can. Just remember that there are no guarantees and the odds of conceiving a boy or a girl are almost exactly the same for each and every pregnancy.

How to get a baby boy? ›

The Shettles method
  1. sex close to ovulation.
  2. sperm deposited close to the cervix using positions allowing for deep penetration.
  3. alkaline environment in the vagin*.
  4. woman having an org*sm first.
May 27, 2020

What gender do you start as in the womb? ›

All human individuals—whether they have an XX, an XY, or an atypical sex chromosome combination—begin development from the same starting point. During early development the gonads of the fetus remain undifferentiated; that is, all fetal genitalia are the same and are phenotypically female.

How to conceive a baby girl? ›

Top tips for conceiving a girl
  1. have sex 2.5-4 days before you ovulate.
  2. keep an ovulation chart so you know when you are ovulating.
  3. have sex every day from the day when you finish your period.
  4. avoid having sex which involves deep penetration – missionary position is best.

Do X sperm live longer? ›

Longevity: since sperm containing the X chromosome are able to live longer in the female genital tract, if the egg is not in the fallopian tube at the time of intercourse, sperm with an X chromosome will be able to survive longer until the egg reaches the fallopian tube.

What does a girl inherit from her father? ›

Daughters get two X chromosomes, one from Mother and one from Father. So Daughter will inherit X-linked genes from her father as well as her mother. Examples of X-linked recessive disorders are hemophilia, red-green color blindness, and Wiskott-Aldrich syndrome.

What do daughters inherit from their mothers? ›

It's responsible for the cell's respiration and energy production processes. And, mitochondrial DNA (or mDNA) is inherited strictly from the mom. Unlike X-linked traits, both boys and girls receive their mitochondria and those corresponding genetic traits from mom.

At what age does a man stop ejacul*ting? ›

The age at which a male stops ejacul*ting will be different for each person. However, a person may find that ejacul*tions decrease in force and volume as they age. It is best for a person to contact their doctor if they have concerns about changes in ejacul*tion.

How to produce sperm as a kid? ›

Sperm develop in the testicl*s within a system of tiny tubes called the seminiferous tubules. At birth, these tubules contain simple round cells. During puberty, testosterone and other hormones cause these cells to transform into sperm cells.

How many times should a man release sperm in a week? ›

There's no “normal” number of times a man should ejacul*te per day, week, or month. What works for you varies depending on things like your age, relationship status, and overall sexual health. The good news is that research indicates that the more you ejacul*te, the better.

Do we all start out as females? ›

During early development the gonads of the fetus remain undifferentiated; that is, all fetal genitalia are the same and are phenotypically female. After approximately 6 to 7 weeks of gestation, however, the expression of a gene on the Y chromosome induces changes that result in the development of the testes.

What is the yy chromosome? ›

The chromosomes contain genes, which determine an individual's characteristics, such as eye color and height. Boys typically have one X chromosome and one Y chromosome, or XY, but boys with XYY syndrome have an extra Y chromosome, or XYY. XYY syndrome is not caused by anything the parents did or did not do.

Why is the Y chromosome disappearing? ›

Most of the Y is made of repetitive 'junk DNA. '" With such an unstable composition, the Y chromosome is at risk of completely disappearing over the course of multiple generations. "The early 'proto-Y' chromosome was originally the same size as the X chromosome and contained all the same genes," The Conversation said.

Can a male have no Y chromosome? ›

An individual with an X chromosome that carries the SRY gene will develop as a male despite not having a Y chromosome, but will not be able to produce sperm to father biological children.

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Author: Roderick King

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Name: Roderick King

Birthday: 1997-10-09

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Job: Customer Sales Coordinator

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Introduction: My name is Roderick King, I am a cute, splendid, excited, perfect, gentle, funny, vivacious person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.