X-Chromosom: Aufbau und Funktion (2024)

Das X-Chromosom ist eines von zwei Geschlechtschromosomen, die als Gonosomen bezeichnet werden. Der Mensch besitzt in Summe 46 Chromosomen (23 Chromosomenpaare), wovon zwei dieser Chromosomen über das jeweilige Geschlecht bestimmen und folglich als Geschlechtschromosomen bezeichnet werden. Während Frauen zwei X-Chromosomen als Geschlechtschromosomen haben, weisen Männer ein X- und ein Y-Chromosom auf. In Reihen der Genetik wird die Gesamtheit der Chromosomen (lokalisiert im Zellkern), die nicht den beiden Geschlechtschromosomen angehören (Chromosomenpaare 1 – 22), als Autosomen bezeichnet.

Wie sich diese Regeln genau auf die Vererbung bei der Fortpflanzung auswirken und welche Funktionen das X-Chromosom genau hat, ist im folgenden Artikel detailliert erklärt.

Inhaltsverzeichnis

  1. Definition
  2. Aufbau und Pathologie
  3. Funktion und genetische Bedeutung
  4. Klinik

X-Chromosom – Definition

Je nachdem, ob der Phänotyp (äußeres Erscheinungsbild) jenem einer Frau oder eines Mannes entspricht, liegt das X-Chromosom entweder in einfacher oder doppelter Ausführung innerhalb des Zellkerns menschlicher und tierischer Zellen. Während das weibliche Geschlecht über zwei X-Chromosomen verfügt (hom*ozygot), besitzen männliche Individuen jeweils ein X- und ein Y-Chromosom (heterozygot). Demnach besteht das menschliche Genom aus insgesamt 46 Chromosomen (22 autosomal Chromosomenpaare und 1 gonosomales Chromosomenpaar).

Da Frauen zwei X-Chromosomen besitzen, kann folglich im Rahmen der Genetik (Vererbung) nur ein X-Chromosom an die Nachkommen vererbt werden. Männer hingegen erhalten von ihrer Mutter ein X-Chromosom und von ihrem Vater ein X- bzw. Y-Chromosom. Der Zufall entscheidet letzten Endes, welches der beiden Chromosomen vom Vater an Kinder weitervererbt wird.

X-Chromosom – Aufbau und Pathologie

Allgemein handelt es sich bei Chromosomen um lange, enorm komprimierte Stränge, die das gesamte Genom (Erbinformation) eines Individuums beinhalten. Die Erbinformation wird als DNA (engl. für desoxyribonucleic acid) bezeichnet. In der deutschen Sprache findet man auch häufig die Abkürzung DNS (Desoxyribonukleinsäure).

Typisch für X-Chromosomen ist ihre unverwechselbare X-Form mit insgesamt vier Chromosomenarmen. Würde man ein Chromosom der Länge nach teilen, erhält man zwei sogenannte Chromatiden. Die beiden Chromatiden sind über eine Verbindungsstelle namens Zentromer miteinander verbunden und bilden das intakte Chromosom. Im Zuge der Zellteilung (Zytokinese) setzen die Spindelfäden am Zentromer an und trennen die beiden Chromatiden voneinander. Je nach exakter Lage des Zentromers können die Chromosomenarme eine unterschiedliche Länge aufweisen (mittig gelegen = metazentrisch, nicht mittig gelegen = akrozentrisch).

Grundbausteine sämtlicher Chromosomen sind DNA sowie Histone. Bei einem Histon handelt es sich um Protein, um das sich die DNA zweimal wickelt. In diesem Stadium wird die DNA auch als Nukleosom bezeichnet. Jene Nukleosomen reihen sich spiralförmig aneinander und bilden einen langen Chromatinfaden. Um eine noch dichtere Struktur einzunehmen, lagert sich der Chromatinfaden in Schlaufen übereinander (Schlaufendomäne). Durch weitere Faltungen bildet sich schlussendlich das Chromosom. Dieser Vorgang der extremen Komprimierung führt dazu, dass ein Chromosom nur wenige Mikrometer groß ist.

X-Chromosom – Funktion und genetische Bedeutung

Die Geschlechtschromosomen (X und Y) bestimmen im Zuge der Genetik über das Geschlecht eines Individuums. Die überwiegende Mehrheit der Zellkerne beherbergt einen diploiden (doppelten) Chromosomensatz (46 Chromosomenpaare, davon 22 Autosomen-Paare und 1 Gonosomen-Paar). Lediglich die Spermazellen des Mannes und die Eizellen der Frau beinhalten einen haploiden (einfachen) Chromosomensatz.

Da Frauen ausschließlich X-Chromosomen besitzen, ist dieses Chromosom auch in der zu befruchtenden Eizelle enthalten. Männer sind hingegen mit einem X- und einem Y-Chromosom ausgestattet. Spermien können daher sowohl Träger eines X- als auch eines Y- Chromosoms sein. Wird eine Eizelle erfolgreich befruchtet, entscheidet der Zufall, ob diese durch ein Spermium mit einem X- oder einem Y- Chromosom befruchtet wird.

Verschmilzt ein Spermium mit X-Chromosom mit der Eizelle, verschmelzen beide X-Chromosomen miteinander. Der entstehende Embryo trägt somit zwei X-Chromosomen in sich (Mädchen). Verschmilzt ein Y-Chromosom eines Spermiums mit dem X-Chromosom der Eizelle, trägt der Embryo ein X- und ein Y- Chromosom in sich (Junge).

Vererbung körperlicher Merkmale

Neben der Entwicklung des körperlichen Geschlechts spielt in der Genetik auch die Vererbung zahlreicher körperlicher Eigenschaften eine große Rolle. Sie werden über sogenannte Allele, mit denen die Gene ausgestattet sind, weitergegeben. Dabei kommt es darauf an, ob die Eigenschaften mit dominanten oder rezessiven Allelen weitergegeben werden.

Dominante Allele setzen sich durch, sodass das Merkmal phänotypisch, also von außen sichtbar ist. Rezessive Allele können hingegen nur genotypisch vorhanden sein. Das heißt, ein Mensch trägt die Merkmale in sich, sie kommen aber nicht zum Vorschein. So kann es sein, dass eine Erkrankung eine oder mehrere Generationen überspringt, bis sie wieder so vererbt wird, dass sie phänotypisch in Erscheinung tritt.

X-Chromosom – Klinik

Das X-Chromosom kann, so wie auch sämtliche andere Chromosomen, von Anomalien betroffen sein. Eine Reihe dieser Syndrome kann man während einer bestehenden Schwangerschaft durch pränatale Tests entdecken. Die Auswirkungen aufgrund einer fehlerhaften Verteilung der Geschlechtschromosomen sind meist nicht so stark ausgeprägt als dies bei Anomalien von nicht-geschlechtlichen Chromosomen der Fall ist. Zu den häufigsten bzw. bekanntesten Abweichungen im Zusammenhang mit X-Chromosomen zählen die folgend aufgeführten Begriffe.

Fragiles X-Syndrom

Diese Genanomalie auf dem X-Chromosom führt zu intellektueller Behinderung. Chromosomen enthalten DNA und darauf befinden sich Gene. Jedes Gen enthält den Bauplan für ein spezifisches Protein. Hervorgerufen wird die Behinderung aufgrund einer Anomalie eines Gens, welches auf dem X-Chromosom liegt.

Klinefelter-Syndrom

Bei dieser Erkrankung werden Jungen aufgrund einer fehlerhaften Verteilung der Chromosomen mit zwei X-Chromosomen oder mehr geboren, anstatt eines X- und eines Y-Chromosoms. Betroffene können unfruchtbar sein und kleine Hoden haben.

Turner-Syndrom

Beim Turner-Syndom handelt es sich um eine Anomalie der X-Chromosomen, bei der einem Mädchen entweder ein Teil oder ein ganzes der zwei X-Chromosomen fehlt.

XXY-Syndrom

Bei dieser Anomalie der Geschlechtschromosomen werden Jungen mit einem X- und zwei Y-Chromosomen geboren. Oft äußert sich diese Erkrankung darin, dass betroffene Jungen hochgewachsen sind und Sprachprobleme aufweisen.

Autor

Ellen Weidenfeld

Autorin

Ellen Weidenfeld ist Spezialistin in den Gebieten Pflege und medizinische Berufe. Ihr Fachwissen wendet sie beim Redigieren von Texten und auf der Suche nach neuen spannenden Themen an, die sich im Gesundheitssektor ergeben. Ihre Einsatzgebiete bei Medi-Karriere sind vielseitig. Im Besonderen kümmert sie sich um Texte zu Berufen, wie auch um die Gebiete Weiterbildung und Lexikon.

X-Chromosom: Aufbau und Funktion (2024)

FAQs

X-Chromosom: Aufbau und Funktion? ›

Das X-Chromosom ist eines der beiden Geschlechtschromosomen (Gonosomen). Die Frau besitzt zwei X-Chromosomen (XX), der Mann je ein X- und ein Y-Chromosom (XY). Das X-Chromosom ist größer als das Y-Chromosom. So wie alle Chromosomen besteht es aus Desoxyribonukleinsäure (DNS, engl.

Was macht das X-Chromosom? ›

X-Chromosom ist eine Bezeichnung für ein Geschlechtschromosom (Gonosom). Es bewirkt standardmäßig die Ausbildung des weiblichen Phänotyps. Bei Arten mit dem XX/XY-System zur chromosomalen Geschlechtsbestimmung haben Weibchen zwei X-Chromosomen, sie sind daher bezüglich der Geschlechtschromosomen hom*ozygot.

Wie ist der Aufbau der Chromosomen? ›

Aufbau von Chromosomen: Besteht aus einer DNA-Doppelhelix, Proteinen (Histonen), einem Zentromer, Telomeren und zwei Armen ("p-Arm" und "q-Arm"). Menschliche Chromosomen: 46 Stück, organisiert in 23 Paaren, inklusive Geschlechtschromosomen.

Wie unterscheiden sich X und Y-Chromosom? ›

Sie sind viel kleiner als die X-Chromosomen und enthalten viel weniger Erbinformationen (in Form von Genen) als diese: Das Y-Chromosom trägt etwa 86 Gene (beim X-Chromosom sind es rund 2000).

Welche Funktion hat das Chromosom? ›

Welche Funktion haben Chromosomen? Die Chromosomen enthalten das gesamte Erbgut eines Organismus – zum Beispiel die gene-tischen Informationen über Haarfarbe, Körpergröße und eventuell auch das Risiko für be-stimmte Krankheiten.

Was passiert wenn ein X-Chromosom fehlt? ›

Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom haben eine sogenannte Chromosomenaberration: Ein X-Chromosom fehlt oder weicht vom Bauplan des anderen ab. Die meisten betroffenen Embryonen oder Föten versterben bereits im Mutterleib. Das Chromosomenpaar kann auch lediglich in manchen Körperzellen fehlen (Mosaik).

Was vererbt das X-Chromosom? ›

Bekannte Beispiele für X-chromosomale Vererbung sind die Bluterkrankheit und die Rot-Grün-Blindheit. Kennzeichnend für die X-chromosomale Vererbung von Merkmalen oder Krankheiten ist: Betroffen sind fast ausschließlich Männer.

Auf welchem Chromosom liegt die Intelligenz? ›

Das hat zwei Gründe: Zum einen befinden sich die Intelligenz-Gene überwiegend auf dem X-Chromosom, und davon haben Frauen nun mal zwei, während Männer ein X- und ein Y-Chromosomen haben. Damit ist es also doppelt so wahrscheinlich, dass die Frau ihre Intelligenz-Gene an das Kind weitervererbt als der Mann.

Wer ist dafür verantwortlich Ob Junge oder Mädchen? ›

Ob Ihr Kind ein Junge oder ein Mädchen wird, wird durch das Chromosom bestimmt, das es vom Vater vererbt bekommt. Die Eizelle der Mutter enthält immer ein X-Chromosom (weiblich). Die Samenzelle enthält allerdings entweder ein weibliches oder ein Y-Chromosom (männlich).

Hat ein Mann gleich viele X und Y Spermien? ›

Eizellen und Spermien enthalten nur die Hälfte an Chromosomen und somit auch nur jeweils ein Geschlechtschromosom. Jede Eizelle der Frau enthält also ein X-Chromosom. Der Mann hingegen produziert zwei Arten von Spermien: Die eine Hälfte enthält ein X-Chromosom, die andere Hälfte ein Y-Chromosom.

Welches Chromosom unterscheidet Mann und Frau? ›

Frauen haben zwei X-, Männer ein X- und ein Y-Chromosom. Auf einem X-Chromosom liegen mehr als 1.000 Gene, auf das Y passen weniger als 100. Deshalb leiden Männer häufiger an Erbkrankheiten wie der Bluterkrankheit, die über das X-Chromosom vererbt werden.

Wozu dient jedes Chromosom? ›

Die Hauptfunktion der Chromosomen besteht darin , die Erbinformationen von einer Zellgeneration zur nächsten weiterzugeben . Die DNA ist der einzige dauerhafte Bestandteil des Chromosoms und das einzige genetische Material der Eukaryoten. Jedes Chromosom hat mehrere Gene, die mehrere Proteine ​​kodieren.

Was haben Chromosomen für eine Aufgabe? ›

Chromosomen sind die Träger der Gene und damit der Erbinformation. Eine menschliche Zelle enthält in der Regel 23 Chromosomenpaare, insgesamt also 46 Chromosomen. Eines dieser 23 Chromosomenpaare bestimmt das Geschlecht: Bei Frauen besteht es aus zwei X-Chromosomen, bei Männern aus einem X- und einem Y-Chromosom.

Was passiert wenn man ein X-Chromosom zu wenig hat? ›

Das Turner-Syndrom wird durch das Fehlen oder die unvollständige Bildung eines der beiden X-Chromosomen verursacht. Mädchen mit diesem Syndrom sind in der Regel kleinwüchsig, haben überschüssige Haut im Nacken, leiden an Lernbehinderungen und gehen nicht in die Pubertät über.

Haben manche Männer mehr Spermien mit X-Chromosom? ›

Männer mit der ersten Kombination, bekannt als mm, produzieren mehr Y-Spermien und haben mehr Söhne. Die zweite, bekannt als mf, produzieren ungefähr gleich viele X- und Y-Spermien und haben ungefähr gleich viele Söhne und Töchter. Die dritte, bekannt als ff, produziert mehr X-Spermien und hat mehr Töchter.

Kann man mit einem XY-Chromosom ein Mädchen sein? ›

Eine seltene genetische Erkrankung, bei der Menschen mit einem X-Chromosom und einem Y-Chromosom (das übliche Muster bei Männern) weiblich aussehen . Sie haben normale weibliche Geschlechtsorgane, darunter eine Gebärmutter, Eileiter und eine vagin*.

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